Tausende Kinder unterziehen sich einer Ösenoperation ohne sichtbare Wirkung

Dänemark hat weltweit die höchste Rate an chirurgischen Behandlungen mit Ösen bei Kindern.

Jedes Jahr führen Ärzte mehr als 60.000 Eingriffe durch, und drei von zehn Kindern haben sich dem Eingriff vor ihrem fünften Lebensjahr unterzogen.

Ösenoperationen kosten jedes Jahr mehr als 6 Millionen US-Dollar, dennoch gibt es kaum wissenschaftliche Beweise dafür, dass das Verfahren bei der Behandlung von Mittelohrentzündungen wirksam ist.

Mehrere Studien zeigen, dass die Infektion in der Regel mit oder ohne Behandlung durch Ödeme abklingt.

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Die Grundlage für eine Ösenchirurgie bei Kindern scheint dürftig zu sein und viele dänische Wissenschaftler überdenken die Praxis nun.

„Sie fragen sich vielleicht: Warum gibt es in Dänemark, wenn wir ein evidenzbasiertes Gesundheitssystem wollen, bei weitem die höchste Häufigkeit von Ohrendrainage-Eingriffen mit einem nicht unerheblichen gesellschaftlichen Aufwand von Millionen von Dollar pro Jahr, ohne dass Beweise dafür vorliegen?“ „Es kommt mir seltsam vor“, sagt Hans Bisgaard, Professor für Pädiatrie und Leiter des Copenhagen Studies on Asthma in Childhood Research Center (COPSAC), Dänemark.

Andere Professoren stimmen zu. Einer von ihnen ist Preben Homøe, Hals-Nasen-Ohren-Arzt und Professor an der Universität Kopenhagen, Dänemark.

„Wir sind schlecht darin, diese Kinder von all den anderen Kindern zu unterscheiden, die wahrscheinlich nicht wirklich von der Ohrendrainage profitieren oder bei denen die Erkrankung [nachlassen würde, wenn man sie in Ruhe ließe]. Wir brauchen mehr Studien“, sagt Homøe.

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In Dänemark werden Kinder mit wiederkehrender Mittelohrentzündung einer Ösenoperation unterzogen. Eine Cochrane-Analyse aus dem Jahr 2010 (eine Überprüfung bestehender Forschungsergebnisse) zeigte, dass das Verfahren bei jedem dritten bis fünften Kind mit wiederkehrender Mittelohrentzündung langfristig wirksam war.

„Zwei bis vier Kinder mit einer wiederkehrenden Mittelohrentzündung profitieren langfristig nicht von der Drainage. Und wer eine Wirkung verspürt, hat in den folgenden sechs Monaten durchschnittlich eine Mittelohrentzündung weniger“, sagt Homøe.

Auch Professorin Therese Ovesen von der Universität Aarhus, Dänemark, hat Zweifel daran, dass die dänische Behandlung optimal ist.

Eines der Kriterien für chirurgische Ösen ist, dass das Gehör von Kindern beeinträchtigt ist. Bei einem Kind unter drei oder vier Jahren sei es jedoch unmöglich, zuverlässige Hörtests durchzuführen, sagt Ovesen.

„Das Beste wäre, wenn wir eine Blutprobe entnehmen und sagen könnten: ‚Okay, in diesem Fall sollten wir operieren‘, aber wir haben keine so eindeutige, objektive Methode. Deshalb müssen wir raten, ob ein Hörverlust vorliegt.“ und hören Sie sich die Bedenken der Eltern hinsichtlich der Sprachentwicklung, des allgemeinen Verhaltens und der Lebensqualität ihres Kindes an“, sagt Ovesen.

Ärzte können einem Kind eine Ösenoperation empfehlen, wenn es seit mindestens drei Monaten Flüssigkeit im Mittelohr hat.

Bei den meisten Kindern unter drei Jahren wird dies jedoch irgendwann der Fall sein. Und die Flüssigkeit kann sich innerhalb kurzer Zeit entwickeln und verschwinden, sagt Ovesen.

„Die Kunst besteht darin, herauszufinden, wann es sich um ein gesundheitliches Problem handelt oder zu anhaltenden Symptomen beim Kind führt“, sagt sie.

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In Schweden werden chirurgische Ösen weitaus seltener verwendet. Professor Sten Hellström vom Karolinska-Institut vermutet, dass dänische Kinder wegen harmlosem Gewebe im Mittelohr behandelt werden könnten.

„Ich vermute, dass viele Ärzte in Dänemark Ösen bei Kindern aus anderen Gründen als der Flüssigkeit im Mittelohr verwenden“, schreibt Hellström in einer E-Mail an die dänische Schwesterseite von ScienceNordic, Videnskab.dk.

Laut Hellström führt Flüssigkeit im Mittelohr nicht unbedingt zu Hörproblemen. Allerdings kann es bei manchen Kindern zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gehörs und der Kommunikationsfähigkeit kommen.

In Schweden müssen Kinder Hörprobleme haben, bevor sie auf Ösen zurückgreifen. In manchen Fällen lässt sich dieses Problem mit Hörgeräten lösen.

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Die dänischen Vorschriften besagen eindeutig, dass ein Arzt oder Berater das Kind erst drei Monate nach der ersten Vorstellung zu einer Ösenoperation überweisen sollte, um zu untersuchen, ob es Hörprobleme hat.

Aber Eltern, die das Gefühl haben, in der Klemme zu sitzen, kann es schwierig sein, dies zu vermitteln – eine Erfahrung, die Homøe wiederholt von vielen seiner Kollegen gehört hat.

„Sie fühlen sich ziemlich unter Druck gesetzt, Ösen einzusetzen, weil das Kind Schmerzen hat und die Eltern abgenutzt sind“, sagt er.

„Wir spüren das auch als Wissenschaftler. Wir untersuchen jetzt Kinder mit und ohne Ösen. Wenn die Kinder, die keine Ösen haben, einen Monat später immer noch Probleme haben, dann bekommen diese Kinder trotzdem Ösen, weil sonst die Eltern die Teilnahme verweigern.“ „Hier in Dänemark gibt es eine ganze Kultur rund um Ösen“, sagt Homøe.

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Auch wenn wissenschaftliche Erkenntnisse und nationale Richtlinien zeigen, dass Dänemark möglicherweise übermäßig auf Ösen angewiesen ist, raten Wissenschaftler nicht von der Behandlung ab.

„Ich bin genauso skeptisch wie viele andere, aber vielleicht machen wir es in Dänemark im Gegensatz zu anderen Ländern richtig? Wir wissen es im Moment einfach nicht“, sagt Homøe.

Oversen stimmt zu.

Langfristig könnte die Wissenschaft zeigen, dass Ösen tatsächlich funktionieren und dass andere Länder Kinder unterbehandeln, sagt sie.

Sie stellt fest, dass Mittelohrentzündungen bei 90 Prozent aller betroffenen Kinder im Alter von drei Jahren verschwinden. Aber für die anderen zehn Prozent könnte es ungesund sein, so lange unbehandelt zu bleiben, sagt sie.

-------------------- Lesen Sie mehr in der dänischen Version dieser Geschichte auf Videnskab.dk

Übersetzt von: Catherine Jex

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